Wie entstehen Verschwörungstheorien? Was bewegt Menschen zu einer Verschwörung? Und was macht sie glaubwürdig? Das alles klären wir jetzt.

Tiefe Bedürfnisse

Einige Wissenschaftler vermuten, dass intensive Gefühle von Unsicherheit und Kontrollverlust das Entstehen von Verschwörungstheorien befördern.
Eine davon ist Hulda Torisdottir, sie ist Sozialpsychologin an der Universität Island.
Sie ist davon überzeugt, dass dies zusammenhängt mit dem „ureigen[en] Bedürfnis des Menschen“ ist ein Gefühl der Kontrolle zu haben. Hulda sagt mir, dass Menschen vorhersagen und verstehen möchten warum etwas passiert ist.

Auch Dr. Jan-Willem, Sozialpsychologe an der Uni Amsterdam, glaubt an diese Erklärung:

„Wir glauben weniger gerne, dass etwas Zufall oder Pech ist. Lieber glauben wir, dass irgendwo jemand die Strippen zieht“

Verschiedene Bedürfnisse des Menschen, nach z.B. Kontrolle aber auch das Verlangen danach sich Ereignisse, wie z.B. den 11. September, erklären zu können, bewegen Menschen also dazu Verschwörungstheorien zu erfinden. Das war’s aber noch nicht, meint Dr. Jan-Willem. Er sagt mir, dass das menschliche Gehirn nun versucht Verbindungen herzustellen und ein Muster zu finden. Das ganze passiert fast automatisch um uns die Welt erklären zu können.

Was macht glaubwürdig?

Die Wissenschaftler an der Uni Amsterdam meinen unter anderem ein klares und nachvollziehbares Täterbild mache die Verschwörungstheorie glaubwürdiger. Auch Prof. Michael Butter sieht das so. Er ist Historiker an der Uni Tübingen und meint, dass Verschwörungstheorien erlauben „dann mit dem Finger auf jemanden zu zeigen, und zu sagen: ‚Die sind daran schuld!'“. Dadurch erhalten diese Theorien „utopische Dimensionen“. „Weil sich eine Welt vorgestellt wird, in der ein Sieg über die Theorie, zumindest in ferner ferner Zukunft möglich wäre“.

Nun verbindet das Gehirn verschiedene Ansätze zu einem Gesamtbild zusammen. Das Ereignis wird für einen selber nun immer durchschaubarer. Unser Bedürfnis nach Erklärung ist somit gestillt.

Gezieltes Filtern

„Wenn wir einmal eine Verschwörungstheorie glauben, filtern wir sehr geschickt unsere Wahrnehmung. Um genau die Beweise zu finden, die unsere Theorie stützen.“

– Hulda Torisdottir, Sozialpsychologin Uni Island

Dr. Jan-Willem erklärt mir, dass Verschwörungstheoretiker bei den Anschlägen vom 11. September Architekten, die meinten, die Tower können durch Flugzeuge einstürzen, als Teil der Verschwörung bezeichnet und ignoriert wurden. Sobald allerdings ein Architekt den Einsturz durch die Flugzeuge beizweifelte, war er willkommen als Beleg für die Theorie.

Sobald Gegenargumente also nicht mehr zugelassen werden, kann auch einer Theorie schnell eine Ideologie werden. Besonders dann, wenn sich die Anhänger
dieser Theorie sich zusammentun und sich als Gruppe gegen Kritik abschirmen.

Am Ende erscheinen die Verschwörungstheorien dennoch komplizierter als die eigentlichen offiziellen Erklärungen. Was macht so eine Theorie denn dann noch attraktiv?

„Verschwörungstheorien erscheinen oft sehr sorgfältig und detailliert durchdacht. So z.B. die zum 11. September. Sie bieten eine menge erstechend erscheinende Argumente. Aber meist setzen solche Theorien im kern auf diese Urangst- ‚Es gibt da diese große, mächtige Gruppe, die uns allen etwas böses will.‘

– Dr. Jan-Willem, Sozialpsychologe Uni Amsterdam

Also die Hauptgründe warum Verschwörungstheorien überhaupt erst entstehen sind unser Verlangen nach Verstehen und nach Kontrolle. Die Glaubwürdigkeit der Theorien steigt durch ein handfestes Täterbild und durch ihre Komplexität.

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